Festival TVD 2009

Nach der überaus positiven Resonanz der Festivals 2006 und 2008 organisiert das ACUD-Theater vom 09. bis zum 15.November 2009 bereits zum dritten Mal das internationale Theater-Festival “Transvisuelle Dramatik – Theater von Blinden und Sehenden”. Veranstaltungsort wird das ACUD-Kunst- und Kulturhaus (Theater, Kantina und Galerie) in Mitte sein.
Nachdem 2008 renommierte Blindentheatergruppen aus Spanien, Kroatien, Finnland und Deutschland sich haben „sehen lassen“, wird das diesjährige Festival vor allem Inszenierungen blinder, sehbehinderter und normalsichtiger Theatermacher aus Großbritannien, Finnland, Ungarn und Deutschland zeigen, die die Zuschauer für die Dauer der Stücke in eine äußere Situation versetzen, mit der blinde Menschen ständig konfrontiert sind: Theater wird im Dunkeln stattfinden! Ein Paradoxon? Stellt sich im Bewusstsein der meisten Menschen doch Theater als eine Kunstform dar, die sich primär an das Auge wendet. Kann man das auch anders „sehen“?

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“Matrosenaufstand” – Limited Blindness

Limited Blindness - Berlin

Limited Blindness - Berlin

Betreten wir das Schiff. Die engen, verwinkelten Räume lassen einen schnell die Orientierung verlieren. Der Stahl des Frachtschiffes speichert neben dumpfer Feuchtigkeit auch das Gefühl der Bedrohung, den Nervenkitzel der beginnenden Reise. Ein Blinder erwartet die Besucher, er weist den Zuschauern den Weg in dieser unwirklich-fremden Stahlwelt. Im nächsten Raum stehen sechzig Stühle. In der Dunkelheit wird der Besucher von Klängen einer akustischen Gitarre umfangen. Eine freundliche Stimme begrüßt das Publikum, sie kommt aus der Ferne.
In der Dunkelheit entsteht eine Klangwelt, die Wände des Frachtschiffes bilden einen Resonanzraum, die Imagination schafft sich ihren eigenen FreiRaum.
Ausgehend von dieser grundlegenden Anordnung entsteht ein musikalisch-theatrales Panorama, kreisend um wesentliche Energien des Kieler Matrosenaufstandes: Aus Lautsprechern erklingen von verschiedenen Seiten historische Geräusche: Aschfallklappen, Feuertüren, Lenzpumpen, Ventile, Torpedowerkhallen, von weit her hört man Sprechchöre, Rufe nach Brot, Matrosenlieder. Plötzlich hebt eine Rede an. Im Zittern der Stimme spürt man das Aufflackern von Freiheit. Hoffnung. „Kein weiterer Kriegswinter!“ Frühling im November.
Die Dynamik der Masse wird im Dunkeln spürbar, der Zug der Revoltierenden schwillt an. Vom Vieburger Gehölz ziehen Matrosen und Arbeiter durch die Hamburger Chaussee, stürmen eine Waffenkammer, am Bahnhof schließen sich weitere Soldaten an. Am nächsten Tag der Aufbruch nach Berlin, in die Reichshaupstadt. In der Dunkelheit konkretisiert sich eine imaginäre Kartographie. Orte, die wir als Konsumpunkte und Bushaltestellen kennen, sprechen so von ihrer Historie. Das Drama im Dunkeln entsteht mit Materialien historischer Zeugnisse.
Drei Schauspieler, ein Sänger und ein Musiker erwecken die historischen Fragmente der Freiheitssuche zum Leben: die Dialogstruktur löst sich auf, neue Stimmen kommen hinzu, der Gesang zerfällt in eine Stille, in der das Publikum selbst hervortritt. Struktur und Dynamik des Sprechens entkoppeln zeitweise die Texte von ihren repräsentativen Momenten. Stattdessen schafft das rhythmische Zusammenwirken von Sprache und Musik veränderliche Raumdimensionen, es rückt die Schauspielerkörper in unmittelbare Nähe, es öffnet in völliger Dunkelheit Momente für das Träumen der Zuschauer. Der Bunker als Werk des Krieges wird zur Grotte, zum Ort gemeinschaftlichen Vertrauens, einer Intimität des Träumens, eines Imaginierens möglicher Freiheiten.
Am Ende wird das Licht eingeschaltet. Die Gegenwart mit ihrer Verantwortung für die Vergangenheit sowie für eine zukünftige Gemeinschaft hat uns wieder eingeholt.

Textelemente (Auswahl): Interviews mit Matrosenkindern, Lothar Popp (Erinnerungen), Karl Artelt (Reden), Karl Marx, Rosa Luxemburg, Max Weber, Ernst Toller

Schauspiel / Gesang: Caroline du Bled, Thomas Gerber, Martin Heesch, Martin Luth, Frank Scheewe

Musik: Mario Kopentz

Bühne / Technik: Martin Hackländer, Andreas Böhme

Produktionsassistenz: Katharina Sattler

Text: Fabian Larsson

Inszenierung: Fabian Larsson und Heiko Michels.

Vorstellungen am 09.11. und 10.11.2009 um 20:00 Uhr beim Festival TVD09, Frachtschiff Helene, historischer Hafen Berlin, Märkisches Ufer, 10179 Berlin

“The Effing and Blinding! Cabaret” – Extant

Gruppe EXTANT aus Grossbrittanien beim Festival 2009

Gruppe EXTANT aus Grossbrittanien beim Festival 2009

Ein anarchistisches Kabarett in totaler Dunkelheit, das uns mit einer imaginären Rakete aus anstößigen Liedern und absurden Sketchen furchtlos auf die dunkle Seite des Mondes schießt.
Was kann die totale Dunkelheit bei einem Casting, bei Geldgeschäften oder an einem Nacktbadestrand auslösen? Das Team von Effing and Blinding wird alles enthüllen und sein Publikum alle Risiko miterleben lassen.

Bühnenstück: Sophie Sweatman & Maria Oshodi

Regie: Maria Oshodi

Ensemble: Amelia Cavallo, Andrew Hodgson, Maria Oshodi, Kirin Saeed, Sandy Easton

Aufführungssprache: Englisch

Vorstellung am 12.11.2009 um 20:00 Uhr beim Festival “TVD09″, ACUD-Theater, Veteranenstr. 21, 10119 Berlin

“Éjszaka Tapintása” (NachtSinne) Theater Blindflug – Ungarn

Vakrepülés aus Ungarn

Vakrepülés aus Ungarn

Das Budapester Theater Blindflug lädt zu einer Griechenlandfahrt der anderen Art ein. Die Zuschauer werden zu Helfern auf der Suche nach Peter, dem verschwundenen Geliebten des Mädchen Rita. In völliger Dunkelheit sollen sie alle ihre Sinne einsetzen, um die Liebenden wieder zusammenzuführen. Dabei hilft eine Gruppe Ortsansässiger, die auch um das leibliche Wohl des Suchtrupps Sorge tragen. Am sonnigen Strand finden die Liebenden schließlich wieder zusammen.

Ensemble: Kriszta Máj, László Nagy, Rita Simon,
Zsolt Pál, Annamária Hényel, Nikolett Borics

Künstlerische Leitung: Kriszta Máj

Sound: Zsolt Pál

Lichteffekte: Ferenc Mészáros

Assistenz: Ferencné Mészáros

Aufführungssprache: Englisch

Vorstellung am 11.11.2009 um 20:00 Uhr beim Festival “TVD09″, ACUD-Theater, Veteranenstr.21, 10119 Berlin

“Love and Metaphors of Sea” – Tähtisumu Ry – Finnland

Tähtisumu Ry (Sternennebel) – Finnland

Tähtisumu Ry (Sternennebel) – Finnland

Der Mensch lebt inmitten der Natur und zerstört sie doch andauernd. Hier wird der Natur eine Stimme gegeben, damit wir endlich lernen, auf sie zu hören und die Zeichen richtig zu deuten. Finnische Lyrik, Tänze und Lieder verweben sich zu virtuellen Räumen.

Mit:
Minna Seitala (w) Schauspiel / Tanz
Jessica Salo (w) Schauspiel / Tanz
Ismo Helen (m) Live-Musik und Sound-Untermalung

Regie: Johanna Röholm

Aufführungssprache: Englisch

Vorstellung am 13.11. 2009 um 20 Uhr beim Festival “TVD09″, ACUD-Theater, Veteranenstr. 21, 10119 Berlin

4 Jahreszeiten (Schülerworkshop, TVD09)

Wie klingt der Frühling?
Wie schmeckt der Sommer?
Wie riecht der Herbst?
Wie tief spürst Du den Winter?

In der Abschlussperformance des einwöchigen Theater- Workshops spielen während des Festivals TVD 09 sehbehinderte und normalsichtige Schüler der Paul-und-Charlotte-Kniese- Schule sowie der Spreewald-Grundschule aus Berlin. Unter der Leitung von Katalin Sófalvi und Yvonne Leppin laden sie im ACUD-Theater zu einer transvisuellen Reise durch die vier Jahreszeiten ein.

TVD 09
9.11. – 13.11.2009, ACUD-Theater, Veteranenstr.21, 10119 Berlin

vier-jahreszeiten