Transvisuelle Dramatik 2008 – Theater von Blinden und Sehenden

Internationales Festival

Das ACUD-Theater organisierte im Saalbau Neukölln, in der Wabe sowie in seinen eigenen Räumen vom 10. bis zum 16.11. 2008 ein internationales Festival. Eingeladen wurden Theatergruppen aus Spanien, Ungarn, Finnland, Kroatien und Deutschland, deren Darsteller blind oder sehschwach sind, und die mit sehr verschiedenen neuen und interessanten ästhetischen Ansätzen Inszenierungen für ein breites Publikum erarbeitet haben.

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Mañana voy yo difícil… – Contando Hormigas

Gruppe Contando Hormigas Spanien, Foto: Monika Rühle

Gruppe Contando Hormigas Spanien, Foto: Monika Rühle

Sieben Menschen aus verschiedenen Ländern und sozialen Schichten werden durch die sich radikal verschlechternden Lebensbedingungen  gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Ihre gesamte Habe muss zurückbleiben. Sie verlieren den Kontakt zur Familie und zu den Freunden.

Auf der Suche nach einer neuen Bleibe reisen sie durch Europa. Der Zuschauer begegnet ihnen in Marseille: ein guter Ort, um zu bleiben, um glücklich zu sein. Eine schöne Stadt, voller Geschichte und Reichtum. Aber die gültigen Gesetze zwingen alle Ausländer, die sich nicht als Durchreisende ausweisen können, die Stadt zu verlassen. Personen ohne gültige Papiere werden auf unbestimmte Zeit in Lagern interniert. Der Kampf mit einer allmächtigen, undurchsichtigen und mitleidlosen Bürokratie beginnt. Vor allen Ämtern bilden sich endlose Schlangen und es ist mittlerweile äußerst schwierig geworden, ein Hotelzimmer zu bekommen. Die ratlosen Emigranten sammeln sich in den überfüllten Cafes. Nach langem zähem Ringen erhalten sie endlich die ersehnte Schiffspassage. Sie besteigen das Schiff, um ihre ungewisse Odyssee fortzusetzen. Es scheint, dass sie keine andere Wahl haben… Oder sollen sie im letzten Moment umkehren und den Kampf um ein Bleiberecht und eine neue Heimat aufnehmen?

Das Stück (von Ignacio Calvache, inspiriert von Anna Seghers Erzählung “Transit”) wurde mit drei sehenden und vier blinden Schauspielern erarbeitet. Der Zuschauer merkt bald, wie nach und nach das Blindsein auf natürliche Weise zurücktritt und für den Ablauf der Ereignisse unwichtig wird.

Mit: José María Nicolás, María del Carmen Martín, Pilar Sánchez, Ascensión Mayoral, Jesús Barranco, Luciana Pereyra, María Eugenia de Castilla

Dramaturgie und Regie: Ignacio Calvache

Bühnenbild, Kostüme und Video: Monika Rühle

Lichtdesign: Alfonso Gutiérrez

Klangraum und Tontechnik: Óscar García

Aufführungssprache: Spanisch mit deutscher Übersetzung.

Vorstellung am Freitag 14.11.2008 um 20:00 Uhr beim Festival “TVD08″, Saalbau Neukölln, Karl-Marx-Str. 141, 12043 Berlin

Nos Vamos A Ver (See you!)

Gruppe Novi Život Kroatien, Nos Vamos A Ver (See you!), Foto: Marija Uzelac

Gruppe Novi Život Kroatien, Nos Vamos A Ver (See you!), Foto: Marija Uzelac

Das Stück “Nos Vamos A Ver” beschäftigt sich mit der sozialen Ausgrenzung von Menschen, die behindert oder in anderer Weise unangepasst sind. Es spielt in einer Tanzschule, in der man die tradierten bürgerlichen Tanz- und Benimmregeln erlernt, die zum Repertoire jedes jungen Aufsteigers gehören, um sich auf dem glitschigen Parkett der besseren Gesellschaft sicher bewegen zu können. Abweichungen von diesem Reglement werden nicht toleriert und führen zur Ausgrenzung. In der Konfrontation dieses starren Verhaltenskodexes mit der körperlichen Behinderung wird das genormte Wertesystem unwillkürlich in Frage gestellt.

Das Stück beginnt mit alltäglichen Ritualen, die aus den immer gleichen leeren Handlungen bestehen. Sie lassen jeglichen Sinn und Wärme vermissen. Dieses Motiv wird mit theatralischen Mitteln wie verzögerten Reaktionen, Einschüben von Erinnerungsbruchstücken, den Beginn des Selbstbetrugs und kleinen persönlichen Lügen.

Die Tanzschulenmetapher führt zu einer theatralischen Meditation über die Herausforderungen, die Abweichungen von sozialen Normen mit sich bringen und über die Herausforderung, der wir uns ständig zu stellen haben: der Bewältigung unserer eigenen Vorurteile, welche die subtile Gewalt im Mikrokosmos unseres Alltags bewirken.

Mit: Dajana Biondić, Maja Marjančić, Anita Matković, Goran Bogdan, Marijo Glibo, Vojin Perić

Regie, Choreographie: Ksenija Zec

Dramaturgie: Saša Božić

Musik: Damir Šimunović

Bühnenbild und Video: Igor Pauška

Kostüme: Zdravka Ivandija

Lichtgestaltung: Igor Pauška und Saša Božić

Licht: Nenad Lalović

Inspizientin: Ana Biondić

Technik: Branko Ostojić

Aufführungssprache: Kroatisch mit deutscher Übersetzung, Spieldauer ca. 55 Min.

Vorstellung am Mittwoch 12.11.2008 um 20:00 Uhr beim Festival “TVD08″, Saalbau Neukölln, Karl-Marx-Str. 141, 12043 Berlin

Eine Hexe kommt ins Leben zurück – Tähtisumu Ry

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Als eine fremde Frau in einer stürmischen Nacht aus einem Moor auftaucht, nehmen Vorurteile, Leidenschaften und Eifersucht ihren Lauf. Es klingt wie ein Horrorstück, handelt sich aber eher um eine Gesellschaftskomödie, in der die Themen behandelt werden, die in einer modernen westlichen Welt relevant sind.

Die Inszenierung arbeitet mit Tanz, Bewegung und Elementen des Körpertheaters.

Mit: Kalle Kivinen, Kimmo Hokkanen, Mikko Nummi, Jari Gusev, Johanna Röholm und Ismo Helen

Leitung/Regie: Johanna Röholm

Aufführungssprache: Finnisch mit englischer Übersetzung, Spieldauer ca. 90 Min.

Vorstellung am Dienstag 11.11.2008 um 20:00 Uhr beim Festival “TVD08″, “Wabe” Danziger Straße. 101, 10405 Berlin

B l i c k f a n g

Blickfang, Gruppe Nachtsicht, Foto: Monika Saßmannshausen

Blickfang, Gruppe Nachtsicht, Foto: Monika Saßmannshausen

Unsere Gesellschaft ist zum überwiegenden Teil visuell ausgerichtet. Aussagen wie “Sehen und gesehen werden” oder “Das ist ein Blickfang” machen den hohen Stellenwert der Wahrnehmung über das Auge deutlich. Was es bedeutet, wenn man jemanden kennen lernen möchte, sich verliebt, mit jemandem kommunizieren will, aber blind oder sehbehindert ist, damit beschäftigt sich das Stück “Blickfang”. Alte und neue Medien, alte und neue Kommunikationsformen, alte und neue Methoden des Flirtens und Bezirzens, früher und heute. Eine Gegenüberstellung liebevoller Begegnungen.

“Schauspieler zeigen ein Stück ihrer Seele” (Oberhessische Presse)
“Tiefgang mit Humor gemixt” (Marburger Neue Zeitung)
“Ein Stück, das unter die Haut geht.” (Berner Zeitung)

Aufführungssprache: Deutsch, Spieldauer ca. 85 Min.

Mit: Andreas Göller, Anna Schneider, Denise Gatzweiler, Dorothee Jark, Jonathan Wollenberg, Katharina Faschinger, Ricarda Ramünke, Sophia Neises, Sophie Heidemann, Hüseyin Yücel, Baran Igret, Demet Seven, Felix Moskalenko, Heiko Forro

Regie und Textbearbeitung: Karin Winkelsträter
Produktionsassistenz: Monika Saßmannshausen, Thorsten Büchner
Technische Realisation: Christian Drews
Gesang: Anna Schneider, Katharina Faschinger, Demet Seven, Sophie Heidemann, Heiko Forro
Liedtexte: Anna Schneider, Katharina Faschinger
Musikalische Bearbeitung der Lieder: Heiko Forro, Felix Moskalenko und die Sängerinnen
Fotos für Projektion: Monika Saßmannshausen

Spielort: Wabe – Nachtsicht, Schultheatergruppe der BliStA Marburg

Die Theatergruppe “Nachtsicht” der Deutschen Blindenstudienanstalt in Kooperation mit dem ACTeasy Jugendtheaterclub Marburg e.V. spielt bereits seit 11 Jahren in wechselnder Besetzung unter professioneller Leitung Theater. Mit einer Mischung aus Sprech- und Musiktheater, Poesie und Komik, Improvisation und selbst entwickelten Textcollagen, bringen die Jugendlichen ihre eigenen Themen auf die Bühne und rücken ihre Talente selbstbewusst ins Rampenlicht.

Weitere Infos unter: www.blista.de